Kipppunkt Kalbe

Droht der Ostkamm des Meissners
 unterhalb des Kalbesees zu 'kippen', bzw. abzurutschen?

Es droht nicht nur, denn Tag für Tag schiebt der Berg
Richtung Osten, nach unten, in Richtung Schwalbenthal,
von hinten ins ehemalige Bergamt.
zZ geschätzt etwa 2,5 cm pro Tag...
(Dieser Wert ist offensichtlich zu hoch geschätzt,
um so mehr stellt sich die folgende Frage!)

1. Frage: Wer misst hier und können die Messwerte (online) eingesehen werden ?

Zahlreiche Messpunkte auf der Strasse
und im Gelände verdeutlichen, daß hier viel zu vermessen ist.



Es ergeben sich viele Fragen
Wir wollen versuchen diese zu stellen,
und soweit es im Internet und vor Ort möglich
dazu Details und Fakten zusammentragen...



oder besser gefragt:
Was ist nicht lose auf dem Osthang des Meissners.

Seit 5 Jahren ist nun die L3242 zum Holleteich gesperrt.
Seit einigen Monaten auch für Fußgänger.
Da stellt sich doch automatisch die Frage:

2. Frage: Wie gefährlich ist dieser Bereich wirklich ?


Um das Geschehen am Berg besser zu verstehen,
habe ich zunächst die Geschichte von "Schwalbental"
und dem Kohlebergbau am Meissner recherchiert,
und die wichtigsten Stationen hier zusammengestellt.


Das Dorf Schwalbenthal
(vormals Kohlhus) um 1880...


Schautafel des Geonaturpark Frau Holle Land




...war einst ein ganzes Dorf mit Ämtern, einer Schule, Wohnungen, und einem Friedhof.

Gebaut wurde es nach 1584 für die Arbeiter des Bergamtes.
Denn Jahre zuvor hatte man auf dem Hohen Meißner
 bereits Kohle in einem Bach gefunden
 und mit dem Untertage - Abbau in Stollen von Braunkohle,
 die damals noch Steinkohle hieß, begonnen.
Für die Arbeiterfamilien mussten Unterkünfte her.



 
Rund 300 Jahre ging scheinbar alles gut...
Um 1900 war das Dorf ein Luftkurort (Mitte Bild von 1901)
Viele Bilder und die Geschichte aussführlich bei Genwiki




Klick Bild zur Vergrößerung

Der erste grosse Bergrutsch


Doch nach langen Regenfällen kam es durch angestautes Wasser,
in den wegen brennender Kohle verschlossenen Stollen,
in der Nacht vom 27. zum 28. März 1907
zu einem Erdrutsch mit mehreren Hangbewegungen.
Die Häuser waren in den Grundmauern beschädigt.
Das Dorf wurde unbewohnbar und wurde 2 Jahre später,
bis auf das Bergamt abgerissen.

Heute zeugt nur noch das weiße Gasthaus Schwalbenthal
 und der Bergmanns-Friedhof von dem einstigen Ort.




© wolf 9/2022

Der Bergbau am Meissner

Bis 1929 wurde die Braunkohle noch untertage gewonnen, mit Stollen, die seitlich von Osten und Westen in den Berg getrieben wurden






Schnitt durch den Braunkohlenbergbau am Meissner von Johann Ph. Riess (1791)








Obiger Querschnitt verdeutlicht dies noch besser:
Oben eine ca. 150m dicke Basaltschicht, direkt darunter die Braunkohle


 Hier schematisch dargestellt der Aufbau einer typischen Meißner Grube:


Die zahlreichen, aufgelassenen und zerfallenden, über 30 Stollen,
 sollten in späteren Jahren noch zu erheblichen Problemen führen.


Der Tagebau

Rund 50 Jahre vergingen, bis es durch die Rohstoffknappheit nach dem 2. Weltkrieg
zur Wiederaufnahme des Bergbaus kam.

"Im Werra Meissner Kreis war Heizmaterial so knapp, dass die Schüler
Holzscheite mit zur Schule bringen mussten."
Dies berichtet der ehemalige Revierförster von Meißner-Vockerode,
Alfred Dilling in der HNA vom 18.11.2018,
der auch für den Bereich Hoher Meißner zuständig war.
Auch interessant was der Förster
zu der damaligen Einstellung zur Renaturierung erzählt...


 Ab 1943 wurde dann die Braunkohle im Tagebau - Verfahren gewonnen


und dehnte sich auf 100 Hektar über Kalbe und Weiberhemd aus,


Dauer 31 Jahre bis 1974 ...


Zuerst musste der etwa 150 Meter dicke Basaltpanzer entfernt werden.


Durch den Abraum entstand u.a. auch die Stinksteinwand.


Bilder aus dem Bergbaumuseum in Borken.



Schließlich wurde mit dem Braunkohleabbau begonnen.




Im obigen Bild erkennbar der Wasserstand, - während des Tagebaus.

Das Wasser musste ständig abgepumpt werden, was sehr viel Strom verbrauchte.

Der Abbau wurde unwirtschaftlich und wurde1970 eingestellt.


  Nach Demonstrationen1974 gegen den Kohleabbau

auf dem Meißner auch nicht wieder aufgenommen.

 

Der Tagebau hinterließ dadurch an der Ostseite des Meißners

 die charakteristische Mulde im Berg.




Mir war zunächst nicht bewußt wie nah Kalbesee

und Schwalbenthal beieinander liegen.

400m Luftlinie und nur ca. 25 - 30 Meter Höhenunterschied.










3. Frage:  Müssen Kalbe, Kalbesee, Flözbrände und Schwalbenthal

als Teil eines Problems gesehen werden?


















1964 kam es zu einer dramatischen Phase an der Kalbe.




Bildunterschrift der Infotafel vor Ort:

Bevor der Kohleabbau die 1957 genehmigte Abbaugrenze zur Kalbe hin erreicht hatte, begann in Folge starker Niederschläge und Schneeschmelze im Frühjahr 1963 das Vorfeld der kalbe Richtung Tagebau zu rutschen. Um die markante Kalbe zu erhalten, entschied man sich eine Seilsicherung anzubringen.

Dazu wurden 1963 - 1964 vier starke Stahlseile über neun am Felsen des Kalbezahns lotrecht angebrachten Betonriegel gespannt. Diese vier 6,5 cm dicken und ca. 350 m langen Stahlseile wurden über Schulter und Umlenkfundamente  am Fuß des Osthangs in zwei grossen Stahlbeton-fundamenten von 8 x 11 x 7 m verankert.

Die Seilsicherung kostete das Land 150.000 DM und war für einen begrenzten Zeitraum von ca 2 Jahren vorgesehen.

Bis dahin sollte das Kohlevorkommen unterhalb der Kalbe weitgehend abgebaut werden und im Anschluß der Kalbezahn durch eine Innenkippe (Stützkippe) gesichert werden.

Der Versuch mit den Stahlseilen misslang.

Erst die Innenkippe (stützende Aufschüttung am Fuße der Kalbe) brachte die Kalberutschung weitgehend zum Stillstand.




Infotafel oberhalb des Kalbesees




Bildunterschrift der Infotafel:



Im Vordergrund rechts ist das anstehende Braunkohleflöz noch sichtbar. Im hinteren Teil ist das Braunkohleflöz wegen der bevorstehenden Stilllegung und der Neigung zur Selbstentzündung bereits luftdicht (mit Abraum aus dem Steinbruch Barnsrode) überdeckt. Im Vordergrund ist die Gewinnung der Restkohle über Förderbänder durch den Tiefbaubetrieb zur Seilbahnverladung nach Wahlburg zu erkennen.

Nach Abschalten der Wasserpumpen füllt sich der Tagebau Restkrater
mit Grund und Himmelswasser.  Die Natur hat wieder Besitz ergriffen, es bildete sich der Bergsee, ein wertvolles Biotop aus zweiter Hand ist entstanden. Hinter der luftdichten Kippe wurde eine Stütz- / Innen-kippe zur Kalbe angehäuft.

Das aber blieb nicht die einzige Hinterlassenschaft des Bergbaus,
denn all diese Jahre brannte innerlich der Berg.

Die vielen Stollen und der Tagebau
 führten Luft an die Braunkohlen Flöze,
 die sich aufgrund eines hohen Schwefelanteils
 durch Oxidation selbst entzünden können.








Die Hessenschau hat das Thema im März 2022
schön aufgearbeitet:





Im nächsten Teil schauen wir uns die Situation
 rund um den Gasthof Schwalbenthal genauer an.
Wir werden versuchen weiter konkrete Fragen zu formulieren
 und laden dazu auch alle Leser ein.




Zum Beispiel

4. Frage:  Wer ist verantwortlich für die offensichtlichen Schäden des Bergbaus
und davon augehende Gefahren?



Es ist kompliziert!


© wolf 2022



Ende erster Teil

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Kalbe Extra Seite - Teil 2 -






Harry Träger
letzter Chef des Meißner Tagebaus:

"Immer ein Rutschberg"
in der HNA
vom 24.12.2012
Interview von Stefanie Salzmann
https://www.hna.de/lokales/witzenhausen/immer-rutschberg-2518875.html

In diesem Arikel äussert sich Harry Träger grundsätzlich.
Er stellt hier zum ersten Mal klar, dass das Schicksal
von Schwalbenthal nur ein sichtbares Symptom
für den rutschenden Berg ist.
Der gesamte obere Teil rutscht ab,
was sicher durch zahlreiche Messpunkte
am Hang zu belegen ist.

Im Artikel folgendes Zitat eines Geologen:
"Und „demnächst“, so ergänzt der frühe Meißnerförster Alfred Dilling aus einem Gespräch mit einem Geologen,
werde der Berg abrutschen und sich sein natürliches geologisches Bodenprofil von 35 Prozent annehmen.
Wann das etwa sein werde?
So in den nächsten 15 Millionen Jahren."

Schauen wir genauer hin:

Warnschild zwischen Kalbesee und Schwalbenthal
unterhalb der Stinksteinwand


© CC - Wikipedia

Was ist die grosse Gefahr da oben.
500 meter über uns?



In Folge 1 haben wir die Geschichte von
Schwalbenthal und dem Kalbebergbau
zusammengefasst.
Es ist eine lange Reihe
von Unglücken und Fehleinschätzungen
und
mit einer fast mythischen Behaftung:
Als Holleberg stilisiert,
 mit stinkendem Pech Fluch belegt?
Holle zeigt hier, nur um im Bild zu bleiben,
 ihre irrlichternde, schwarze Seite.
Manifestiert im Relief des Keudell Brunnens.



Was könnte das
Worst Case Szenario sein?

Neben dem Volksglauben finden wir im Faktischen
eine klare physikalische Lage.

Die Faktoren:


Ein See auf dem höchsten Berg.

Allein dieses Bild hat die Symbolkraft,
um im I Ging Zeichen No.56 "Der Wanderer"
die Lage
als äusserst unnatürlich und instabil
zu charakterisieren.


© 2007 Dirk Schmidt CCH

Künstlich angelegt.

Knapp darunter eine abrutschende Strasse
die seit Jahren auch für Fußgänger gesperrt ist.

© lostplacessquad 2017


Unterirdisch brennende Flöze.
Klick BILD zum Artikel..

screenshot ©wbackhaus 2022
BILD Zeitung vom 16.12.2021
Text Transkript des Bild Artikels hier!


Die Knackpunkte:

Im schlimmsten Fall


würde es so stark regnen,
wie im Juli 2021 an der Ahr und der Erft.

Der Trichter des Kalbesee füllt sich
innerhalb weniger Stunden
auf sein doppeltes Volumen,
also auf etwa 2 Millionen Tonnen Wasser.



© 2022 lostplacessquadwmk

Dazu ein direkter Blitzeinschlag
auf die bereits ab 1964 als instabil erkannte
südliche Basaltschicht oberhalb des Sees.

Der Abbruch rutscht in denn See ab und
löst eine Flutwelle aus,
die am östlichen Ufer,
auf einen Damm
trifft, -
 der "luftdicht"
gebaut wurde,
was wohl soviel wie starr bedeutet.



Der Damm würde zunächst überlaufen.
Das abgehende Gewicht, lässt eine darunter liegende,
 ausgebrannte Flözkammer einbrechen.

Die Folge:

Bild ist Maus sensitief:

© wbackhaus.2022

Der Schwerkraft folgend bahnt sich
 nun das Wasser seinen Weg
auf der Ostseite des Damms.


© wbackhaus.2022

über lose Basaltfelder,
durch den Wald,
über Schwalbenthal hinweg,
über die Strassen,
den steilen, offenen Abhang hinunter,


© wbackhaus.2022

über das Jugenddorf
 bis zu den Vockeröder Wiesen, -
könnte die Flut nichts mehr aufhalten.

Hier der laienhafte Versuch,
 in einem einfachen Bild,
in einer Simulation die Folgen,
dieser angenommenen Ereignis Kaskade,
zu verdeutlichen.

Genau davon sprechen wir...
Bild: google earth


3 Stufen Animation, geh mit Maus aufs Bild und wieder raus

Wir werden weiter die Fragen zusammensuchen,
und diejenigen fragen, die möglicherweise mehr wissen.

Ende zweiter Teil

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Kalbe Extra Seite - Teil 3 -



In diesem Teil möchte ich versuchen
den Teil des Kalbesees, den ich

DAMM
nenne, näher zu betrachten.


Dazu war ich am 16. Oktober 22 vor Ort.
Was ich vorfand hat mich einigermassen beruhigt,
denn der Damm macht auf mich als Laien
den Endruck eines stabilen
und durchdachten Aufbaues.

Hier der Versuch diesen schematisch darzustellen:
 


Der Wasserstand soll seit 3 Jahren wg Trockenheit zurückgegangen sein.
An der Baumgrenze ist zusehen, dass der Normalwasserstand ca 2 m höher ist.




Blick vom Ufer Richtung Osten:


Blick von halber Dammhöhe Richtung Westen


Die Dammkrone


Dammkrone Blick Richtung Osten / Tal


Kante der Dammkrone talwärts gesehen


Geröllhalde am Fusse des Damms


Von der Strasse talwärts


Aus Tage- und Untertagebau sprudelt Wasser
aus mehr als 40 Überlaufquellen, weicht Hang und Aufschüttung auf.
(lt. Bildzeitung von 12. 2021)

Tümpel unterhalb Kalbesee:



Stollenmund des Johannesstollen
direkt unterhalb des Kalbesees:





Um die ungefähr erforderliche Wassermenge,
die die Kalbe zum Überlaufen bringen könnte,
besser abschätzen zu können,
bieten wir diese Betrachtung an:

Maus sensitief:



Jetzige Wasseroberfläche ≈ 22.000 m2
Regeneinzugsgebiet bis auf Höhe Dammkrone: ≈ 130.000 m2

4250 Liter Wasser pro Quadratmeter wären somit nötig
bis zum Überlauf des jetzigen Beckens.

Die höchste jemals gemessene Regenmenge pro qm
in D war bisher: 111 Liter in 24 Stunden

Aus diesen Zahlen kann leicht abgeleitet werden,
dass ein Starkregenereignis allein,
den Kalbesee wohl nicht überlaufen lassen wird.

Die Zahlen beruhen auf Schätzungen und Logik.


Ende Teil 3










Kalbe Extra Seite - Teil 4 -


Den letzten Teil der Serie
über den
Rutsche Berg
möchte ich der Person widmen, die wohl
persönlich am meisten unter den Umständen am Meissner
zu leiden hat: Dieter Kohl, heutiger Besitzer vom "alten Bergamt".


© website ski-kohl.de

Dieter Kohl sitzt heute enttäuscht zuhause in Eschwege.
Es geht ihm nicht so gut, - mit 88 Jahren.

Er leidet jeden Tag unter der Situation
rund um sein "Schwalbenthal".
Er fühlt sich von der Obrigkeit betrogen
und vom Recht im Stich gelassen.

Er sagt: "Die wachten nur auf meinen Tod"






Herr Kohl hat mir am Donnerstag
Zugang zum Schwalbenthal verschafft
um den aktuellen Stand im Inneren zu dokumentieren.

Zum Beispiel die hangseitige Küchenwand:






Wieviele Cm hat der Hang in fast 10 Jahren tatsächlich geschoben?

Die untere Hälfte der Küchenwand
wird durch die Hebelwirkung der senkrecht (gewesenen)
Balken nach aussen gepresst.
Der so entstandene Spalt an den Fliesen beträgt etwa 10 cm

 
Screenshot aus HNA Video von 2013 -/- Aktuelles Foto 3. November 2022
Vergrößern: Klick aufs Bild

Schematisch Darstellung


Daraus ergibt sich, dass der Hang mit ca. 1,5 cm pro Jahr
während der letzten rund 10 Jahre
in die Küche gedrückt hat !

Die Stärke der äusseren Kräfte
dürfte sich in den letzten Trockenjahren
abgeschwächt haben.




Der Zustand im Gebäude zur Zeit:
 


Der alte Saal:





Der Dachboden:



Herr Kohl hat mich zu einem tiefergehenden Gespräch
in den nächsten Wochen, eingeladen.

Bis dahin will ich versuchen von den beteiligten Behörden
Stellungnahmen zu unseren Fragen zu bekommen.





Diese Bilder dienen dem Vergleich
zwischen früher und heute,
was die Höhe und Steigung der Fahrbahn betrifft.
Herr Kohl sieht den Hangrutsch
an seinem Gebäude verursacht
durch eine Erhöhung der Fahrbahn um 2 Meter.
Dies läßt sich mit diesen Bilder
leider nicht zweifelsfrei klären.

  



Die vorerst letzte Entwicklung
war im Jahr 2018:
Das Hessen Mobil leitete ein
öffentliches
Planfeststellungsverfahren
wobei alle Involvierten beteiligt waren.

L3242 Hangsicherung oberhalb Meißner Schwalbenthal




Und hierüber wird zu sprechen sein.
Demnächst mehr...



Hier zur Erinnerung einige Bilder von früher: